„Niederschwellige Brücken bauen“

Auch in Frankfurt (Oder) sind letzten Montag wieder mehrere hundert "Spaziergänger*innen" auf die Straße gegangen.

Ein Kommentar von Christian Budschigk.

Corona beschäftigt uns nun mittlerweile seit mehr als 2 Jahren. Im kompletten Zeitraum der Pandemie gab es immer wieder Menschen, die aus verschiedensten Gründen auf die Straße gegangen sind, um zu protestieren. Ob die sogenannten „Querdenker“, die auch mehrere Demonstrationen hier in unser Oderstadt abhielten oder auch die AfD. Ob man nun selber konform mit den zum Teil kruden Themen geht, die auf diesen Versammlungen kundgeben wurden, muss jeder für sich selbst wissen.

Seit einigen Wochen finden landesweit Demonstrationen gegen die Corona-Politik der Bundesregierung statt. Auch in Frankfurt (Oder) laufen montags hunderte Menschen durch die Frankfurter Innenstadt. Pünktlich zu 18 Uhr verabreden sich Menschen über Telegramm und Facebook Gruppen zum gemeinsamen „Spaziergang“, um damit u.a. gegen die geplante Impfpflicht der Bundesregierung zu protestieren.

Der Unterschied zu den herkömmlichen Demonstrationen ist ganz klar, die Untergrabung von Gesetzen. Diese „Spaziergänge“ finden ohne Anmeldung bei Polizei oder Ordnungsbehörden statt – angeblich spontan und ohne vorherige Planung. Was natürlich als dreiste Lüge enttarnt ist, wenn man einen kurzen Blick in die entsprechenden Gruppen wagt. Denn dort wird jede Woche auf ein Neues zu diesen „Spaziergängen“ aufgerufen. Zum Teil mit Tipps und Tricks, um der Polizei und den Ordnungsbehörden eine Strafverfolgung zu erschweren.

Aber wie geht unsere Stadt damit jetzt am besten um?

Auch in der Frage sind das Land und vor allem die Polizei und Behörden gespalten. In Potsdam hat man an diesen Montag eine illegale Versammlung unterbunden. In unserer Oderstadt lässt man die Menschen ziehen. Frankfurts Oberbürgermeister sieht keinen Grund für eine Auflösung, da hier ja friedlich, ohne Gewalt und ohne Waffen demonstriert wird, wie René Wilke am Montag in einer Ausschusssitzung im Kleist Forum betonte.

Aber was will sich ein Rechtsstaat alles bieten lassen?

Auch wenn die „Spaziergänger“ ohne Waffen und ohne Gewalt auf die Straße gehen, indem sie weder Masken tragen, noch Abstand halten, verstoßen sie dennoch gegen das Gesetz. Die scheinbare Taktik der Polizei und auch die, des Oberbürgermeisters – deeskalierend wirken zu wollen und die ganze Sache auszusitzen, in der Hoffnung, dass es weniger Teilnehmende werden – scheint ganz offensichtlich nicht zu funktionieren. Das zumindest zeigen die weiter steigenden Zahlen der letzten Wochen.

Mehrfach hat unser Dezernent für Ordnung und Sicherheit, Claus Junghanns (CDU) die „Spaziergänge“ als illegal eingestuft. Wieso also werden in anderen Städten diese Versammlungen aufgelöst, in unserer Oderstadt allerdings nicht?

Will man hier aktuell keine Bilder von Polizisten, die Demonstranten nach Hause schicken, aufgrund der aktuellen Bewerbung Frankfurts um den Standort des Zukunftszentrums? Oder sucht man wirklich den Diskurs mit den Bürgerinnen und Bürgern, mit ihrem Anliegen, Ängsten und Problemen rund um die Pandemie?

Wenn das so sein sollte, wäre hier die Frage, wann findet dieser Diskurs zwischen Stadt und Bürgern statt? In den letzten Wochen wurde mehrfach in der Presse betont, die Verstöße der „Spazierenden“ ahnden zu wollen. Fakt ist aber, dass bisher noch nicht ein Bescheid ausgestellt wurde. Mann prüfe noch das Material der Polizei, wie Junghanns in einem Gespräch mit der Oderwelle mitteilte. Fakt ist, eine Lösung muss gefunden werden. Ob das ein Diskus mit den Bürgern ist oder eine Auflösen der unangemeldeten Versammlungen, vielleicht auch eine Mischform aus beidem. Aber montan wird weder das eine, noch das andere geplant oder umgesetzt.

Und so ist damit zu rechnen, dass auch am kommenden Montag wieder hunderte Bürger, mitten in der Omikron-Welle, auf die Straße gehen, um ohne Abstand und ohne Masken einen „Spaziergang“ zu unternehmen. Und mit hoher Sicherheit wird die Polizei auch diesmal wieder nur eine Verkehrssicherung der Straßen vornehmen und die „spontanen Spaziergänger“ durch unsere Innenstadt eskortieren.

Eine Lösung muss also her. Wie diese aussieht?

Das sollte eine Stadt, die seit wenigen Tagen mit einer „Brückenbauer“-Kampagne wirbt, hinbekommen.

Vielleicht sollte hier die erste Brücke zwischen Menschen, die Ängste und eine andere Meinung zur Pandemie haben und denen, die mit den Maßnahmen der Regierung konform gehen und diese auch befolgen, gebaut werden. Niederschwellig und vor allem offen.

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