Oderstadt weist Vorwurf einer Schweigevereinbarung mit Leag zurück

Durch die Entstehung eines großen Tagebausees, des Cottbuser Ostsees, befürchtete die Oderstadt Frankfurt eine höhere Sulfatbelastung auch für ihr Trinkwasser. Vor Monaten wurde ein Rechtsstreit beigelegt. Die Stadt und das Energieunternehmen Leag weisen Vorwürfe von sich, es sei Schweigegeld vereinbart worden.

Die Stadt Frankfurt (Oder) hat Vorwürfe des Recherchezentrums Correctiv* zurückgewiesen, nach einem beigelegten Rechtsstreit Schweigegeld vom Energiekonzern Leag erhalten zu haben. Hintergrund war eine Auseinandersetzung um die Entstehung und Flutung des Cottbuser Ostsees im ehemaligen Braunkohletagebau.

Die Stadt und der Betreiber des örtlichen Wasserwerks befürchteten dadurch eine Erhöhung des Sulfatgehalts im Wasser der Spree an der Stelle, an der Wasser für die Trinkwasserversorgung entnommen wird. Frankfurt (Oder) und der Wasserwerk-Betreiber waren vor das Verwaltungsgericht Cottbus gezogen, einigten sich im Februar dieses Jahres aber außergerichtlich mit der Leag.

91.7 ODERWELLE im Gespräch vom 29. September 2023 mit Frankfurts Oberbürgermeister René Wilke (Linke)

Das Recherchezentrum Correctiv berichtete am Samstag, der damals geschlossene Vergleich umfasse eine Schweigevereinbarung. In dem Dokument heiße es, die Stadt und ihre Wassergesellschaft FWA dürften künftig nicht einmal mehr den Anschein erwecken, der Konzern gefährde oder erschwere die Trinkwasserversorgung. Zudem solle auch ein Verzicht auf künftige Klagen vereinbart worden sein.

Die Stadt hatte im Februar zu der außergerichtlichen Einigung bekannt gegeben, dass sich die Leag an den Kosten für den Ausbau des Wasserwerks Müllrose beteilige, damit Frankfurt (Oder) für die Trinkwasserversorgung unabhängiger vom Spreewasser werde. Es handelt sich um fünf Millionen Euro.

Ein Sprecher der Oderstadt Frankfurt teilte zu dem Bericht von Correctiv mit: «Der Verwurf von Correctiv gegen die Stadt Frankfurt (Oder) ist im Ton und in der Sache falsch.» Richtig sei, dass die Vergleichsparteien sich auf künftige Unterlassungen verschiedener Arten von Maßnahmen gegeneinander verständigt hätten. Allerdings sei dies streng bezogen auf den Gegenstand des Vergleichs, also die Planungen für den Cottbusser Ostsee in der jetzigen Fassung sowie die Betroffenheit des Wasserwerks in Briesen, das mit Wasser aus der Spree arbeite.

«Alle darüber hinaus gehenden eventuellen künftigen Konflikte zwischen den Parteien sind von diesem Vergleich selbstverständlich nicht erfasst», hieß es. «Es gibt also keine Vereinbarung im Zuge der Beteiligung der Leag an den Kosten für den Ausbau des Wasserwerks Müllrose, die die Stadt und die FWA verpflichten würde, über die Folgen des Bergbaus zu schweigen und auf künftige Klagen zu verzichten.»

Auch die Leag wies die Vorwürfe zurück, äußerte sich aber nicht zu Inhalten des Vergleichs. Das Unternehmen teilte mit: «Weder gibt es Zahlungen von Schweigegeld noch eine unzulässige Belastung des Wasserhaushaltes durch die Leag. Die Arbeiten der Leag erfolgen entsprechend den behördlichen Genehmigungen und werden engmaschig überwacht.»

Die Stadt Frankfurt (Oder) betonte, der damalige Klagegrund sei auch nicht die Situation der Spree, sondern die künftige Trinkwasserqualität in Frankfurt (Oder) und umliegenden Gemeinden gewesen, die durch die FWA versorgt werden. «Als Lösung stand von Anfang an eine Ertüchtigung des Wasserwerks Müllrose im Raum, um weniger Spreewasser und mehr Grundwasser einsetzen zu können.» Die damit verbundenen Kosten in Höhe von 5 Millionen Euro sollten nicht den Verbrauchern über erhöhte Entgelte auferlegt werden, sondern vom Unternehmen Leag getragen werden. «Genau dies wurde mit dem Vergleich erreicht, wonach Frankfurt (Oder) und die FWA in der Pflicht standen, ihn anzunehmen.»

Eine mögliche Beeinträchtigung von Trinkwasser durch Sulfatkonzentrationen wird seit Jahren diskutiert. Die Leag, die Braunkohlekraftwerke betreibt, hatte die Sorge als unbegründet bezeichnet, dass durch die Anbindung des Cottbuser Ostsees an die Spree die Sulfatlast steigen könnte.

Der Ostsee, eine ehemalige Tagebaugrube, soll einmal eine Wasserfläche von knapp 19 Quadratkilometern haben. Demnach wird er dann größer als Schwieloch- und Scharmützelsee – und gut zweieinhalb Mal so groß wie der Große Müggelsee.

Am Staatstheater Cottbus hatte am Samstagabend ein gemeinsam mit der investigativen Redaktion Correctiv entwickeltes Theaterstück mit dem Titel «Kraftwerk – Ein Theaterabend über Kohle, Wasser und die Ewigkeit» Premiere.

*Correctiv
ist ein Recherchezentrum mit Sitz in Essen und einem weiteren Standort in Berlin. Betrieben wird es von der Correctiv – Recherchen für die Gesellschaft gemeinnützige GmbH, die auch die Online-Journalistenschule Reporterfabrik betreibt. Über die gewerbliche Tochtergesellschaft Correctiv – Verlag und Vertrieb für die Gesellschaft UG (haftungsbeschränkt) gibt sie Bücher heraus und führt Faktenchecks für Facebook durch.

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