«Ich habe Lust» – Zehn Jahre Brandenburgs Regierungschef Woidke

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD)

Unter den Regierungschefs in Deutschland ist er auf Rang fünf, was die Amtszeit angeht. Dietmar Woidke steht in Brandenburg seit zehn Jahren an der Spitze. Der Landesvater verrät seine bisher fröhlichsten und schmerzlichsten Momente. Von Oliver von Riegen.

Dietmar Woidke betont gern seine märkische Zurückhaltung. Auf dem Brandenburg-Sommerabend im Juni zeigte sich ein sehr selbstbewusster Regierungschef. «Lassen Sie uns mal zeigen, wie viel andalusisches Temperament in uns allen steckt!», rief er den Besucherinnen und Besuchern zu. Am Montag (28. August) ist Woidke zehn Jahre im Amt. Das andalusische Temperament passt zu dem Tempo, mit dem er Brandenburg umbauen will: vom Kohle-Land zu Öko-Energien, vom strukturschwachen Land zum Zugpferd.

Die Nachricht, dass er Regierungschef werden soll, erwischte ihn auf einem Kreuzfahrtschiff in Norwegen. Matthias Platzeck trat 2013 aus gesundheitlichen Gründen zurück und schlug ihn als Nachfolger vor. Der heute 61-Jährige will bei der nächsten Landtagswahl wieder antreten und wenn möglich weitermachen.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD)

Ich habe Lust, weiter einen Beitrag dazu zu leisten, damit Brandenburg weiter vorankommt.


Und er zieht Bilanz: Das sei «in den letzten Jahren ganz ordentlich gelungen». Findet seine SPD auch. «Brandenburg wird nicht mehr flapsig als Berliner Umland wahrgenommen, sondern als Land mit eigener Stärke», teilte seine Partei anlässlich des Jubiläums mit.

Wie war sein Weg in die Staatskanzlei?

Der Diplomagraringenieur Woidke arbeitete nach seinem Studium als Assistent an der Humboldt-Universität in Berlin und ging von 1990 bis 1992 zu einem Unternehmen nach Bayern. Es zog den Brandenburger aber wieder in die Heimat: Er wurde Landtagsabgeordneter in Brandenburg und 2004 Umwelt- und Agrarminister. Nach der Landtagswahl 2009 übernahm er zunächst den Posten als SPD-Fraktionschef, im Jahr 2010 das Amt des Innenministers. Im Jahr 2013 war er dann Platzecks Wunschkandidat als Nachfolger.

© Foto: Land Brandenburg

Was war sein fröhlichster Moment?

Das ist – nicht nur, aber vor allem – die Entscheidung von US-Elektroautobauer Tesla für Brandenburg. «Natürlich freue ich mich über jede Ansiedlung in Brandenburg, denn diese fällt nicht einfach vom Himmel», sagt Woidke. «Tesla ist hier sicher die bekannteste.» Er nennt aber auch die Ansiedlung der Bahn in Cottbus oder der Bundeswehr in Holzdorf an der Grenze von Sachsen-Anhalt und Brandenburg. «Wenn Regionen in Brandenburg von unserer Arbeit profitieren, freut mich das», sagt er.

Was war sein schmerzlichster Moment?

«Es gab auch traurige Tage», räumt Woidke ein. «Die Ermordung von zwei Polizisten und der tragische Tod von zwei Kameraden der Feuerwehr im Jahr 2017 waren für mich zweifellos die schmerzlichsten Momente.» Ein Mann hatte damals seine Großmutter erstochen, war mit einem Auto geflüchtet und hatte zwei Polizisten in hohem Tempo überfahren. Im gleichen Jahr kamen zwei Feuerwehrleute ums Leben, als ein Lkw auf der Autobahn 2 durch eine Unfallstelle fuhr, ein Einsatzfahrzeug der Feuerwehr umkippte und beide unter sich begrub.

Was würde Woidke heute anders machen?

In seiner Regierungserklärung im November 2014 kündigte der SPD-Politiker eine Kreisgebietsreform an: «Aus meiner Sicht sind 18 komplette Kreisverwaltungen für ein Bundesland wie Brandenburg zu viel», sagte er damals. Knapp drei Jahre später stoppte er sie nach wachsendem Widerstand. «Wir hätten die Kreisgebietsreform schon früher und nicht erst im Herbst 2017 stoppen müssen», sagt Woidke inzwischen. «Da wurde völlig unnötig manches Vertrauen beschädigt.» Er sei aber sehr froh, «dass es uns schnell gelungen ist, mit den Kommunen wieder sehr gut und vertrauensvoll zusammenzuarbeiten».

Welches sind seine Stärken und Schwächen?

Woidke kann auf Menschen zugehen. Mit den Formaten Bürgerdialog und der Tour «Wo drückt der Schuh?» zeigt er sich vor Ort und sucht den Kontakt zu Bürgerinnen und Bürgern. Die Opposition im Landtag wirft ihm jedoch «Arroganz der Macht» vor – was allerdings an ihm abperlt. In seiner rot-schwarz-grünen Koalition kommt es zu Differenzen, das räumt er selbst ein. Woidke versucht sie intern zu lösen, was aber nicht immer gelingt. Im Landtagswahlkampf 2019 zeigte er Durchhaltevermögen: Zeitweise lag die SPD in Umfragen hinter der AfD, bei der Wahl war sie dann stärkste Kraft.

Was sind seine Vorlieben?

Der gebürtige Lausitzer ist mit Frau Susanne in zweiter Ehe verheiratet. Beide brachten je eine Tochter mit in die Ehe. Woidke ist begeisterter Jogger. Musikalisch mag er es gern hart: Die Favoriten des Rockmusik-Fans sind die Rolling Stones, Led Zeppelin und Nirvana, wie er mal der «Märkischen Allgemeinen» verriet. Er mag aber auch gemäßigtere Gruppen wie Oasis und Coldplay. Auch wenn Woidke eine Zweitwohnung in Potsdam-Babelsberg hat: Sein Familienwohnsitz bleibt Forst in der Lausitz.

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