Woidke warnt vor Rechtsextremismus – Landtag debattiert über AfD

Rede des Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD)

Es passiert nicht so oft, dass Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) im Landtag redet. An diesem Mittwoch tritt er ans Rednerpult, um die Forderung der AfD-Fraktion nach einer sogenannten Remigrationsoffensive zurückzuweisen.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat die AfD-Fraktion in einer Debatte um ihre Forderung nach sogenannter Remigration von Menschen attackiert. «Nie wieder dürfen Rassisten und Rechtsextremisten unser Land ins Verderben stürzen», sagte Woidke am Mittwoch in einer aufgeheizten Landtagsdebatte in Potsdam. Wenn Rechtsextremisten den Begriff Remigration verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll, zur Not auch unter Zwang.

In der Debatte ging es auch um den Bericht des Medienhauses Correctiv, das ein Treffen radikaler Rechter im November in Potsdam öffentlich gemacht hatte. Daran nahmen AfD-Politiker sowie einzelne Mitglieder der CDU und der sehr konservativen Werteunion teil. Der frühere Kopf der Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, hatte bei dem Treffen nach eigenen Angaben über «Remigration» gesprochen. Der Bericht löste in vielen Städten in Deutschland Proteste gegen Rechtsextremismus aus.

Mehr als eine Million Menschen demonstrierten in den vergangenen Wochen für Weltoffenheit, Toleranz, Freiheit und Demokratie, sagte Woidke. «Die Menschen haben die Nase voll von Rechtsextremisten und Rassisten, die immer offener und immer dreister agieren.» Innenminister Michael Stübgen (CDU) wurde noch deutlicher. Er warf der AfD vor, sie wolle eine komplette Abschottung und ein ausländerfreies Deutschland.

Innenminister Stübgen wirft AfD Rassismus vor

«Sie von der AfD wollen aus Deutschland ein Nordkorea machen», sagte der amtierende Chef der Innenministerkonferenz. «Wie Lava spritzt der Rassismus aus den Ritzen ihrer Partei.» Stübgen erwähnte das Potsdamer Treffen mit Sellner und brachte es in Zusammenhang mit der Nazi-Zeit: «Indem sie sich die menschenverachtenden Konzepte eines irren Österreichers zu eigen machen, wollen sie das betreiben, was unter den Nationalsozialisten Rassenhygiene genannt wurde.»

Die AfD-Fraktion fordert in einem Antrag die Rücknahme rechtswidriger Einbürgerungen und verweist dabei auf das Staatsangehörigkeitsgesetz. Sie dringt auch auf eine konsequente Abschiebung aller ausreisepflichtigen Ausländer. «Der deutschen Bevölkerung» sei nicht vermittelbar, warum solche Menschen trotz finaler Ablehnung in Deutschland bleiben könnten, heißt es im Antrag. Die AfD-Abgeordnete Lena Kotré warnte angesichts des neuen Staatsangehörigkeitsrechts zur schnelleren Einbürgerung, dass «dieses Land in seinen kulturellen Gegebenheiten und Werten» abgeschafft werde. Der Verfassungsschutz Brandenburg stuft den AfD-Landesverband als rechtsextremistischen Verdachtsfall ein.

Linksfraktionschef Walter attackiert AfD scharf

Die Stimmung im Plenarsaal war so emotional wie selten. Anfangs zogen die Linke-Abgeordneten rote Westen mit der Aufschrift »Nie wieder ist jetzt» an, mussten sie aber nach Aufforderung von Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke ausziehen. Linksfraktionschef Sebastian Walter kassierte einen Ordnungsruf. Er brachte die Wannsee-Konferenz, wo der Plan der Nationalsozialisten zur Ermordung der Juden vorbereitet wurde, in Zusammenhang mit dem Potsdamer Treffen und der AfD.

«Sie wollen doch am Ende selbst an der Rampe stehen und entscheiden, wer leben darf oder wer sterben muss», sagte Walter. «Zumindest nehmen sie millionenfachen Mord in Kauf. (…) Deportationen enden am Ende auch in Vernichtung.» Die Landtagspräsidentin warnte ihn vor einer Beschönigung der Entscheidung der Wannsee-Konferenz. «Das bitte ich doch zu unterscheiden», sagte sie. «Damit werden Sie dem Holocaust nicht gerecht.» Auch der AfD-Abgeordnete Lars Hünich bekam einen Ordnungsruf, weil er die Reden mehrfach störte. 

Die übrigen Fraktionen stimmten schließlich gegen den Antrag der AfD. Der Freie-Wähler-Abgeordnete Matthias Stefke warf der AfD vor, Nebelkerzen zu werfen, die Grünen-Politikerin Ricarda Budke sprach von einer Umdeutung des Begriffes, um das Wort Deportation nicht zu benutzen. Landtagsvizepräsidentin Barbara Richstein (CDU) sagte: «Jeder weiß, was die AfD machen möchte: Deportation.»

«Remigration» ist das «Unwort des Jahres» 2023. Die Jury sah darin eine Tarnvokabel, mit der Rechtsextreme die Absicht von Massendeportationen von Menschen mit Migrationsgeschichte verschleiern wollen.

© 91.7 ODERWELLE mit Material von dpa

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