Vertrag über Selenskyjs Kauf von Goebbels-Villa in Wandlitz ist Fälschung

Bogensee - Eingangsportal am Hauptgebäude des „Waldhofes“

Ein angeblich geleakter Kaufvertrag soll zeigen: Der ukrainische Präsident Selenskyj besitzt eine alte Nazi-Villa in Brandenburg. Doch hinter der Behauptung steckt eine plumpe Fälschung. Von Veronika Völlinger

Dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj werden immer wieder Besitztümer wie Villen oder Jachten angedichtet. In sozialen Medien verbreitet sich, er habe eine geschichtsträchtige Immobilie in Wandlitz (Brandenburg) bei Berlin erworben.

Behauptung

Für acht Millionen Euro soll Selenskyj kürzlich die Villa Bogensee gekauft haben, die einst Adolf Hitlers Propagandaminister Joseph Goebbels gehörte, heißt es im viralen Video einer angeblich ehemaligen Mitarbeiterin der landeseigenen Firma Berlin Immobilienmanagement. Ein teils geschwärzter angeblicher Kaufvertrag soll dies beweisen.

Bewertung

Falsch.

Fakten

Die Eigentümerin des Areals mit dem Landhaus am Bogensee in Wandlitz, die landeseigene Firma BIM Berliner Immobilienmanagement, dementiert einen Verkauf. «Es handelt sich hier um eine komplette Falschmeldung. Das Gelände gehört noch immer zum Eigentum des Landes Berlin», teilte eine BIM-Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur (dpa) mit. Das bestätigte auch das Büro des Bürgermeisters von Wandlitz, Oliver Borchert, der dpa. Es lägen «keine Informationen zum Verkauf der ehemaligen Goebbels-Villa auf dem Bogensee-Areal vor», so eine Sprecherin.

Das Areal am Bogensee rund 40 Kilometer nördlich von Berlin, ist seit dem Jahr 2000 ungenutzt und verfällt. Mehrere Versuche zum Verkauf sind bisher gescheitert – auch weil das Gebiet eine bewegte Geschichte hinter sich hat. 1936 schenkte die Stadt Berlin ihrem NS-Gauleiter und Reichspropagandaminister Joseph Goebbels den Bogensee mit umliegendem Gelände. Goebbels ließ ein komfortables Landhaus bauen und empfing dort Prominente und Schauspielerinnen.

Nach dem Untergang der nationalsozialistischen Diktatur nutzten die Alliierten das Gelände kurzzeitig als Lazarett. Die Sowjets übergaben das Gelände 1946 der frisch gegründeten Freien Deutschen Jugend (FDJ). Der «Waldhof» wurde dem Exposé des Berliner Liegenschaftsfonds zufolge «die Keimzelle für die Jugendhochschule der FDJ». In den 1950er Jahren entstand das übrige Gebäudeensemble. Nach der Wende wurde die Schule aufgelöst.


Angeblicher Kaufvertrag mit vielen Ungereimtheiten

Im online kursierenden Video wird auch ein vermeintlicher Kaufvertrag eingeblendet. Doch dabei handelt es sich um eine Fälschung. Die darin verzeichnete Notarin bestätigte dem Nachrichtenportal «t-online» und der dpa, dass sie diesen Kaufvertrag nicht beurkundet habe und haben könne, weil sie älter als 80 Jahre sei. Die Bundesnotarordnung erlaubt eine Notartätigkeit nur bis zum Alter von 70 Jahren.

Zudem deuten unübliche sprachliche Formulierungen und das Fehlen von Siegel und Unterschrift auf die Fälschung des Vertrags hin.

Das Video mit der Falschbehauptung wurde an Weihnachten 2023 bei Youtube und X (vormals Twitter) gepostet. Auf dpa-Anfrage antwortete der Kopf hinter den Accounts mit dem Namen «Sabine Mels» nicht. Eine Sprecherin der Firma Berliner Immobilienmanagement (BIM) teilte dpa mit: «Eine Kollegin mit dem Namen Sabine Mels hat es nie bei der BIM gegeben.»

Das Fake-Video auf YouTube

Selenskyj wird vor allem seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine im Februar 2022 immer wieder zur Zielscheibe von Propaganda und Falschinformationen. Zum Beispiel wurden ihm bereits gefälschte Kaufverträge über angebliche Luxusjachten, ein gefälschter Pass oder erfundene Angaben über Kosten für Immobilien untergeschoben.

© 91.7 ODERWELLE mit Material von dpa

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