Umweltkatastrophe an der Oder: Unmut über fehlende Info aus Polen

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke und Katja Klemke, Amtsleiterin Lebus an der Oder

Tausende Fische sind im Grenzfluss zwischen Deutschland und Polen verendet. Aber woran? Seit Tagen wird spekuliert. Verlässliche Informationen fehlen. Klar scheint aber: Quecksilber war nicht die Todesursache.


Wegen des rätselhaften Fischsterbens in der Oder wächst in Deutschland der Unmut über die spärlichen Informationen aus Polen. «Das lief nicht, wie es sein müsste», sagte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke vor einem Besuch am Ort der Umweltkatastrophe. Der SPD-Politiker machte sich am Montag bei Lebus nördlich von Frankfurt an der Oder ein Bild der Lage. Giftiges Quecksilber ist nach polnischen Angaben nicht die Todesursache der Fische, die seit Tagen tonnenweise aus dem deutsch-polnischen Grenzfluss geborgen werden. Was hinter dem Desaster steckt, ist immer noch unklar.

Polnische Behörden hatten nach Regierungsangaben schon Ende Juli erste Hinweise, dass in dem Fluss massenweise verendete Fische treiben. Seit vergangener Woche herrscht auch in Deutschland Alarmstimmung. Bürger sollen das Oder-Wasser nicht berühren. Freiwillige Helfer fischten tonnenweise stinkende Kadaver aus dem Wasser, die auf dem Gelände der PCK-Raffinierie in Schwedt verbrannt werden. Welche Folgen langfristig für Fische, Tiere und Pflanzen der Oderregion und der Ostsee drohen, ist nicht absehbar.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke traf am Sonntagabend ihre polnische Amtskollegin in Stettin und forderte nach eigenen Angaben volle Aufklärung. «Es gäbe einen massiven Vertrauensverlust vor allem in der polnischen Bevölkerung, aber wahrscheinlich auch bei uns, wenn das nicht gelänge», sagte die Grünen-Politikerin am Montag in der ARD. Weil Informationen über das Fischsterben aus Polen die deutsche Seite erst sehr spät erreicht hätten, sei die Suche nach der Ursache umso schwieriger.

Der brandenburgische Umweltminister Axel Vogel sagte, das Landeslabor sei dabei, das Oderwasser auf giftige Substanzen zu untersuchen. «Es kann noch mehrere Tage dauern, bis wir alle Stoffe, die wir für möglich halten, dann auch durchgecheckt haben», sagte der Grünen-Politiker gegenüber dem rbb. Hinweise aus Polen, dass der hochgiftige Stoff Mesitylen in die Oder gelangt sei, hätten sich für Brandenburg nicht bestätigt.

Bei der Untersuchung der toten Fische gehe es vor allem um die Suche nach Schwermetallen, fügte Vogel hinzu. «Von polnischen Seite wird signalisiert, dass sie keine Schwermetalle und insbesondere auch kein Quecksilber in den Fischen gefunden haben, was ja auch beruhigt.» Vogel hatte am Freitag bestätigt, dass eine Quecksilberbelastung der Oder festgestellt worden sei. Schon da hatte er aber eingeschränkt, man wisse nicht, ob das die Fische umgebracht habe.

Für das Fischsterben gibt es nach Vogels Einschätzung wohl mehr als nur eine Ursache. Die Dürre und die geringe Wasserführung hätten ziemlich sicher einen Anteil daran. Das gesamte Ökosystem der Oder sei geschädigt. «Deswegen denken wir, dass wir auch nicht eine Katastrophe haben, die innerhalb von einem halben Jahr durch Wiederbesiedlung mit Fischen gelöst werden kann.»

Gernot Schmidt, Landrat des Landkreises Märkisch-Oderland informiert sich über das Fischsterben in der Oder am Ufer in Lebus.
© Foto: Toni Feist Gernot Schmidt, Landrat des Landkreises Märkisch-Oderland informiert sich über das Fischsterben in der Oder am Ufer in Lebus.

Proben der toten Fische sollen auf rund 300 schädliche Stoffe untersucht werden, darunter Pestizide. Zudem soll das Verhalten der Fische kurz vor ihrem Verenden untersucht werden. Festgestellt wurde nach offiziellen Angaben ein erhöhter Sauerstoffgehalt in dem Fluss. Geprüft wird auch, ob ein erhöhter Salzgehalt im Wasser im Zusammenhang mit dem Fischsterben steht.

Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hatte am Freitag erklärt, das Fischsterben sei offenbar durch Einleitung einer «riesigen Menge» von Chemieabfällen ausgelöst worden. Die polnische Regierung setzte eine Belohnung von mehr als 200 000 Euro für die Aufklärung aus.

Ölsperren sollen verhindern, dass sich auch Fischkadaver im Stettiner Haff ausbreiten, wie das Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommerns mitteilte. Die Oder mündet in das Haff, das mit rund 900 Quadratkilometern etwa doppelt so groß ist wie der Bodensee. Es gehört zu zwei Dritteln zu Polen. Von dort verlaufen Wasserverbindungen zur Ostsee. Bisher seien auf deutscher Seite des Haffs keine toten Fische aus der Oder angeschwemmt worden, hieß es.

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