Gegen „LGBT-freie Zonen” in Polen: der 4. Doppelstadt Pride startet

Seit vier Jahren in unserer Doppelstadt - der Frankfurt-Słubice-PRIDE

Diesen Samstag, um 12 Uhr wird zum vierten Mal in Folge die deutsch-polnische PRIDE-Demo durch Słubice und Frankfurt ziehen. Treffpunkt ist um 11 Uhr auf dem Plac Bohaterów in Słubice. Der Start der Demonstration ist für 12 Uhr geplant. Weitere Stopps sind an der Stadtbrücke, Slubicer Straße in Frankfurt (Oder), und auf dem Uni-Campus, Logenstraße, vorgesehen. Die Demo endet im Gertraudenpark und klingt im Hof des Studierenden-Clubs „Stuck“ in der Lindenstraße 7 aus.

Mit der Demo wollen queere Menschen aus der LGBTQIA*-Community der Doppelstadt sowie Verbündete auf Missstände bezüglich der rechtlichen und gesellschaftlichen Situation für queere Menschen in Deutschland, Polen und anderen Ländern aufmerksam machen und ihre Sichtbarkeit in der Doppelstadt thematisieren.

Ira Helten zum 4. Doppelstadt-Pride im Gespräch mit Maria Ullrich

Dies sind die thematischen Schwerpunkte der diesjährigen Frankfurt-Słubice PRIDE:

  • Vor dem Hintergrund der Wahlen in Polen am 15. Oktober 2023 wird Antoni von der Stiftung Trans-Fuzja zu Gast sein und über die Schwierigkeiten berichten, mit denen trans* Personen in Polen tagtäglich konfrontiert sind. Zudem wird Antoni über systemische und soziale Ausgrenzungen, über die bevorstehenden Wahlen sowie über TERFismus (TERF = Trans-Exclusionary Radical Feminism / Trans-ausschließender Radikalfeminismus) und SWERFismus (SWERF = Sex Worker Exclusionary Radical Feminism / Sexarbeiter*innen-ausschließender Radikalfeminismus) sprechen, die sich (nicht nur in Polen) immer deutlicher bemerkbar machen.
  • Das Selbstbestimmungsgesetz soll nach jahrelangen Ankündigungen nun nach der Sommerpause endlich im Deutschen Bundestag verhandelt werden. Es soll das 40 Jahre alte sog. „Transsexuellen-Gesetz“ ablösen. Im Zuge der öffentlichen Debatte um den Gesetzesentwurf hat in Deutschland eine problematische Diskursverschiebung stattgefunden, welche trans*feindliche Narrative aufgreift. Zu diesem Thema erwarten wir einen Redebeitrag von Queer-Aktivitst*in Jona Gold, auch bekannt als Obertunte.
  • Zur intersektionalen Diskriminierung von queeren, migrantischen und/oder Sexarbeiter*innen of Colour wird es eine Audiobotschaft von der Sexworker Action Group aus Berlin geben.
  • Die Situation von queeren Menschen aus der Ukraine wird Loki von Kwitne Queer, einer Organisation queerer Ukrainer*innen in Deutschland, thematisieren. Loki wird über die Verschränkungen von Diskriminierungen sprechen, die Migrant*innen aus der LGBTQIA*-Community erleben.

Das Team will eine Doppelstadt, die „Grenzenlosigkeit“ und „Weltoffenheit“ auch als Vielfalt geschlechtlicher Identitäten, Beziehungsformen, Lebensentwürfe und sexueller Orientierungen versteht. Das ist leider im Alltag vieler queerer Menschen keine Selbstverständlichkeit. Man wünsche sich in der Doppelstadt mehr Orte und Treffpunkte, die mit queeren Menschen rechnen und sie in ihre Arbeit einbeziehen – von Schule, Sportverein, über Kneipe, Jugendclub, Disco bis zum Seniorentreff.

Wie schon seit dem ersten PRIDE 2020 fordern die Veranstalter:innen von Frankfurter und Słubicer Stadtvertreter:innen, die Doppelstadt durch einen gemeinsamen Stadtverordnetenbeschluss zum sicheren Ort für alle zu erklären und sich eine diskriminierungsfreie Stadt als Ziel zu setzen. Zusätzlich zu dem schon bestehenden Beratungs- und Testangebot zu HIV/Aids und STDs in Frankfurt fordern wir ein deutsch-polnisches Beratungsangebot für queere Menschen in der Doppelstadt.

Außerdem protestiert man gegen sogenannte „LGBT-freie Zonen” im Süden und Osten Polens, die queere Menschen verachten, symbolisch ausschließen und offene Queerfeindlichkeit auf den Straßen legitimieren. Zwar haben einige wenige Gemeinden die Deklaration als “LGBT-freie Zone” wieder aufgehoben, allerdings wohl nur, weil ihnen EU-Mittel gestrichen wurden.

Man lasse sich nicht als „Ideologie” demütigen, wie es Polens Präsident Andrzej Duda getan hat. Man verurteile die Gewalt und Härte, mit der die polnische Staatsgewalt, Justiz und Sicherheitsbehörden gegen queere Aktivist:innen vorgehen.

Die Fortschritts-Prideflagge von Daniel Quasar.
© Foto: FF24.NEWS Die Fortschritts-Prideflagge von Daniel Quasar.

Hintergrund

Pride ist ein englischer Begriff, der ursprünglich aus der amerikanischen Lesben- und Schwulenbewegung stammt. Pride steht für den selbstbewussten und stolzen Umgang mit der eigenen sexuellen und geschlechtlichen Identität. In Deutschland finden die meisten „Prides“ unter dem Namen CSD (Christopher Street Day) statt. Der Name ‚Christopher Street Day‘ kommt von der Christopher Street in New York City. In dieser Straße haben sich 1969 bei den sogenannten Stonewall-Aufständen queere Menschen gegen Polizeiwillkür zur Wehr gesetzt.

LGBTQIA+ ist eine Abkürzung der englischen Wörter Lesbian, Gay, Bisexual, Transsexual/Transgender, Queer, Intersexual und Asexual. Eine Abkürzung für lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle/Transgender-, queere, intersexuelle und asexuelle Menschen.

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